Dieses kraftausdauernde Leistenungetüm, an dem alles, was Rang und Namen hat, in den letzten Jahren zu Gange war. Unter den Leipzigern wird die von Gerald Krug 2006 erstbegangene Tour mittlerweile sogar als französisch 8a, also 9+/10- oder Xc/XIa, gehandelt. 


Helge Pohl am letzten richtigen Ruhepunkt der schwersten Tour
seiner Kletterkarriere. (Foto: Archiv Pohl)


Die Crux beginnt. (Foto: Archiv Pohl)

Nachdem sich Helge in den letzten Monaten u.a. mit schnellen Rotpunktbegehungen der Zerstörten Illusion (9-, Xa) und Selemat Mendaki (9-, Xa) ein bisschen warm gemacht hatte, konnte er jetzt also dieses mitteldeutsche Testpiece klettern. Doch fragt man ihn selbst bezüglich seiner enormen Leistungssteigerung, bekommt man immer wieder nur abmildernde, selbstironische Sprüche zu hören. Im letzten Kletterführer hat er zur von ihm eingerichteten Altherrenwand sogar noch folgende Sätze zu Protokoll gegeben:

„Ihr alten Männer dieser Welt. Wir haben ihn, unseren eigenen Klettersektor, die Altherrenwand!“ oder „Also Männer, nehmen wir uns bei der Hand, um den gefährlichen Abstieg zu meistern.“

Was soll dieses Understatement? Der Mann ist ein Hardmover und steckt uns Jungspunde – relativ gesehen – alle in den Sack. Was wir Jüngere an Indoor-Trainingsmöglichkeiten von Anfang an zur Verfügung hatten, kam bei ihm erst in einem Alter, in dem andere sich schon auf’s alpine Klettern oder Wandern verlegen. Aber sportlicher Ehrgeiz kennt keine Altersgrenzen, und das Klettern scheint für solche Höchstleistungen im, ich nenn’ es mal, „fortgeschrittenen“ Alter prädestiniert zu sein. Beat Kammerlander oder Maurizio „Manolo“ Zanolla lassen grüßen.


Mitten in der Hauptschwierigkeit, die bei Xc liegt. (Foto: Archiv Pohl)

Anbei ein kleines Interview, das ich mit Helge zum Thema geführt habe:

Wie alt bist Du?

Ich bin 3 Jahre jünger als Beat Kammerlander oder 31 Jahre älter als Adam Ondra. OK, vor 33 Jahren hatte ich Jugendweihe.

Wie lange hast Du für die Terra Nova gebraucht?

Im April sprang Lars in der Route rum. Da habe ich einfach mal mitgemacht. Seit Juni habe ich dann nochmal zusammen mit André und Arndt an 11 Tagen 26 Versuche unternommen.

Was war für Dich die Hauptschwierigkeit?

Anfangs konnte ich gar nicht alle Einzellzüge klettern. Für mich war die erste Crux im unteren Teil das hohe Antreten mit rechts. Im mittleren Teil war der Zug nach der 7ten Exe hin zu dem Aufleger für links und dem Seitgriff mit rechts das größte Problem. Danach sind die Züge eigentlich relativ leicht, wenn die Unterarme nicht so dick wären, was sie aber immer sind.

Was tat Dir danach alles weh? J

Außer dem Genick vom Sichern nichts. Durch meine Länge kann ich an der einzigen kleinen, schmerzhaften Leiste ganz gut stehen und muss sie nicht wie kleine Leute brutal durchziehen. Alles andere ist sehr altersgerecht.

Wie trainierst Du?

Ich versuche 3mal die Woche etwas zu machen. 1mal Klimmzüge (wenn ich nicht viel Zeit habe) 1mal Bouldern und einmal Routen klettern. Im Winter fahre ich ins No Limit, um Routen zu klettern. Da suche ich mir je ein Maximalkraft- und ein Ausdauer-Projekt. Für noch mehr Kraft gehe ich in die Garage bouldern. Ich orientiere mich am Trainingsplan von Reini Scherer.

Gehst Du jetzt in Altersteilzeit, was das Klettern betrifft, oder was dürfen
wir in Zukunft erwarten?

Ja, ich werde die Kletterschuhe gegen Wanderschuhe tauschen, mir einen dicken Bauch anfressen und Musikantenstadl schauen. Wenn da nicht Tinos „Wing Comander“ (Xc) wäre, Wie schrieb Gerald: ,,Sehr überhängend, sehr technisch und extrem geil!" Und am Landsberger Bunkerdach möchte ich auch mal mehr als nur die Startgriffe halten.


Helge hält sich vor sportlichen Höchstleistungen streng an den Plan seines
Ernährungberaters. (Archiv Pohl)

Helge, ich ziehe meinen Hut vor Dir und hoffe, in diesem methusalemschen Alter nur annähernd so fit zu sein, wie Du es derzeit bist!